„Mystik ist Widerstand“ Gedenken zum 20. Todestag von Dorothee Sölle
Mystisch-politischer Thementag zu Dorothee Sölle
Samstag, 22. April 2023, Haus am Dom, Frankfurt/Main
20 Jahre „ohne Dorothee Sölle“ - so lange schon, schoss es mir durch den Kopf, als ich von der Gedenkveranstaltung im „Haus am Dom“ in Frankfurt am Main am Samstag, 22. April 2023 erfuhr.
„Glück“, dort gewesen zu sein! „Glück…“ , so auch das Thema Sölles letzten Vortrags vor ihrem Tod… als ob sie weiterhin unter uns sei, so lebendig und aktuell strahlten ihr Engagement, ihr
ganzes Leben, ihre wunderbaren Texte, in die man immer wieder „versinken“ könnte, auf an diesem sonnigen, bisweilen bedeckten Gedenktag ihr zu Ehren. Es war sehr gut, dicht lebendig, eine
einmalige Erfahrung voller Impulse.
Das „Haus am Dom“ war ausverkauft, sogar auf der Empore saßen die Leute.
Fulbert Steffensky begann in einer sehr persönlichen, aufgezeichneten Video-Grußbotschaft, dann Johanna Jäger-Sommer mit einem sehr guten Vortrag, alles mit persönlichen Erinnerungen,
Eindrücken zu Begegnungen. Dann das „Filmgespräch“, wo das eindrückliche Interview von Günter Gaus mit Dorothee Sölle von 1968 gezeigt wurde (in Auszügen und aufgeteilt auf drei zentrale
Themenblöcke etwa „Gott ist tot“, „Gott nach Auschwitz") mit vielen Fragen, u.a. ob sie an ein „Leben nach dem Tod“ glaube - lange Pause vor Sölles Antwort - quasi eine Meditation… „wenn ich
ganz still bin“, fiel mir ein. Margot Käßmann interpretierte dann jeweils im Nachgang kurz und knapp - auch gute Statements, die aufrütteln müssten, was in unseren Kirchen bzw. Gottesdiensten
alles zu verändern wäre, damit mehr Leute kommen würden.
Wichtige biografische Stationen, u.a. New York, Vancouver, Kirchentage, wichtige Weggefährten etc. wurden öfter erwähnt und besprochen. Ebenso wurde auch öfter und ausführlich auf das
Politische Nachtgebet eingegangen, was am Gedenktag als ca. 20 minütiges Mittagsgebet im Dom stattfand - speziell für die Tagungsgäste arrangiert. Berührend, wie wir uns den Segen zusangen am
Ende. Klar, Zeit für Diskussion war in diesem „Politischen Mittagsgebet“ leider nicht. Dann Pierre Stutz’ ebenfalls berührender Vortrag zur Theopoetin Dorothee Sölle, kleinen Geschichten gemeinsamer Treffen und
der Streitkultur - Stichwort „ich will, dass die Menschen sich wohlfühlen und etwas für sich tun“ (Stutz), worauf Sölle wohl sinngemäß antwortete „aber dafür ist doch die
Wellnessbranche zuständig“. Der Saal lachte…
Nun, diese Tagung wird medial noch „nachbereitet“, etwa im Juni/Juli soll daraus ein ca. 2 bis 2,5 stündiges Video (YouTube) entstehen, das öffentlich zugänglich sein soll - sicher kann man
das auch auf der Website hier verlinken. Ferner sollen soweit möglich und freigegeben die Vortragsmanuskripte an die interessierten Teilnehmer*innen versandt werden. Vom Vortrag von Pierre
Stutz soll es eine Audiodatei geben.
Ein reichhaltiger Büchertisch der Büchergilde Frankfurt/Main sowie PublikForum rundete den Tag ab; die Bücher waren ratzfatz verkauft. Die Schlussrunde mit Stimmen und „Feedback“ einiger
Teilnehmer*innen, das u.a. die beiden Nachmittag-Referentinnen Jutta Lehnert und Julia Lis im Austausch mit Pierre Stutz und Thomas Wagner ergänzten, war auch sehr sprechend und hätte
nochmals einen Tag gefüllt, z.B. auch in Bezug auf ihr letztes Werk „Mystik des Todes“ und die o.g. Frage zum Ewigen Leben… „wie ein Tropfen im Meer der Liebe Gottes“….
Abschlussritual war das gemeinsame Singen (per Internet-Video unterstützt von den KingSingers) des Abendliedes „Abide with me“, mit dem Dorothee Sölle wohl jeden Abend ihren Tag beschloss,
sie, die so gerne sang und Musik, die Töne liebte, und das Wasser, in das sie wo immer möglich hineinsprang, ob Hotelpool oder See.
Ich bin sehr froh, am Samstag dabei gewesen zu sein, mich habe „unterbrechen lassen“. Faszinierend, wie viele da ihrer gedachten. Anbei ein kleines Handyfoto der „Bühne“, links im Bild kaum
zu sehen brannten drei weiße Kerzen, die nach Ende der Veranstaltung ausgeblasen wurden. Alles in allem eine sehr gelungene Zusammenschau, Bündelung zentraler Punkte, Texte, des Engagements
von Dorothee Sölle. Es gibt weiterhin viel zu sagen und zu tun, Mystik und/ist Widerstand eben...
Cornelia Milatz
Dipl. Kulturwirtin Univ.
Nürnberg